Die Wechseljahre? „Die müssen bei mir lange durch sein“, lacht Anna Heise*, 71. „Ich hab sie irgendwie nicht mitbekommen, vielleicht auch, weil ich spät kleine Kinder hatte, die mich ablenkten.“ Petra Büsing*, 52, spürt immer mal „leichte Hitze“. Karen Hanke*, 60, machen Wallungen enorm zu schaffen: „Man kann nicht schlafen, die Haare sind klitschnass, das Wasser tropft auf die Tastatur, man braucht Unmengen Deo und so weiter.“ All das mische sich mit den tagtäglichen Anforderungen des Arbeitslebens.
Die Beispiele zeigen: Die Wechseljahre verlaufen von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Etwa jede Dritte merkt gar nichts. Ein Drittel spürt leichte, ein Drittel massive Beschwerden. Manche Betroffene bekommen rezeptpflichtige Hormonpräparate. Doch diese können langfristig Risiken bergen. Seit das 2002 bekannt wurde, verordnen Ärzte sie viel seltener.
Alternativ stehen rezeptfreie pflanzliche Präparate zur Wahl, etwa mit Soja, Rotklee oder Traubensilberkerze. Sie heißen zum Beispiel „Meno Aktiv“ oder „Menofemina“ und tragen die Wechseljahre, fachsprachlich Menopause, schon im Namen. Manche versprechen „Wohlbefinden“, „Ausgeglichenheit“ oder „Vitalität“. Unsere Experten haben pflanzliche Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel getestet. Sie analysierten, ob große klinische Untersuchungen den Nutzen nachweisen und suchten nach Belegen, dass die Mittel nicht schaden. Ihr Fazit lautet: wenig geeignet.
Umbruch in der Lebensmitte
Ungefähr mit 50, teils auch deutlich früher oder später, durchlebt jede Frau eine Umbruchphase. Die Wechseljahre können sich, wie der Name schon sagt, länger hinziehen. Irgendwann sind Schwangerschaften auf natürlichem Wege nicht mehr möglich; die Regelblutung bleibt aus. Die Eierstöcke stellen ihre Tätigkeit ein und bilden damit auch immer weniger weibliche Geschlechtshormone. „Die Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern ein ganz normaler Lebensabschnitt“, sagt Gynäkologin Dr. Maria Beckermann, langjährig tätig für den Arbeitskreis Frauengesundheit.
Dennoch können Beschwerden auftreten. Das bestätigen auch rund 1500 Teilnehmerinnen einer Umfrage auf test.de. Knapp 90 Prozent gaben an, sie litten an Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Sie entstehen wohl, weil die Hormonspiegel nicht stetig sinken, sondern teils kräftig auf- und abpendeln. Andere Beschwerden wie Schlafstörungen und trockene Scheide nannten die Befragten seltener. Die meisten fühlen sich nur „ein wenig“ oder „mäßig“ beeinträchtigt, rund 20 Prozent allerdings „schwer“ bis „massiv“. Ungefähr jede dritte Umfrageteilnehmerin nimmt Hormon- oder Pflanzenpräparate.
Ähnlich wie weibliche Hormone
Auch die geplagte Karen Hanke ließ sich Hormone verordnen. Petra Büsing wollte das auf keinen Fall. Sie kaufte ein rezeptfreies Pflanzenpräparat. Solche Mittel sollen schonend helfen – so die Verheißung, die Frauen voneinander, aus den Medien oder dem Internet erfahren.
Die Hoffnung hat mit Japanerinnen zu tun: Sie leiden selten an Wechseljahresbeschwerden. Manche Forscher führten das auf die sojareiche Ernährung zurück. „Doch könnten Asiatinnen auch aus genetischen oder kulturellen Gründen wenig Beschwerden haben beziehungsweise äußern“, so Gynäkologin Beckermann. Zudem gibt es in Fernost von Kindheit an sojareiche Kost – nicht erst in den Wechseljahren.
Trotz derlei Einwänden gegen die Theorie bieten Firmen Nahrungsergänzungsmittel mit Extrakten aus Soja oder Rotklee an. Beide Pflanzen enthalten Isoflavone, die ähnlich wirken können wie weibliche Geschlechtshormone. Solche Phytohormone oder Phytoöstrogene kommen in einigen weiteren Gewächsen vor, etwa in Rhapontikrhabarber. Sein Extrakt ist in Deutschland ebenfalls erhältlich – in Form rezeptfreier Arzneimittel. Das gilt ferner für Inhaltsstoffe der Traubensilberkerze. Auch sie könnten in die hormonelle Regulation eingreifen. Allerdings ist der genaue Wirkmechanismus noch unklar.
Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel sehen ähnlich aus. Medikamente sind aber viel besser überwacht. Sie brauchen für die Zulassung Studienbelege für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit.
Nur einige Monate auf eigene Faust
Die Stiftung Warentest geht noch strenger vor. Sie prüft, ob aussagekräftige Studien den Nutzen belegen. Für die getesteten pflanzlichen Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel fanden unsere Experten keinen ausreichenden Nachweis, dass sie bei Wechseljahresbeschwerden helfen. Alle Präparate sind „wenig geeignet“ – zumal Belege fehlen, dass sie auch bei Langzeitanwendung nicht schaden. Wegen hormonartiger Wirkungen könnten sie das komplizierte biologische Gleichgewicht im Körper verändern – auch negativ. So stehen Phytohormone aus Soja und Rotklee im Verdacht, das Risiko für Schilddrüsenerkrankungen und Brustkrebs zu erhöhen.
„Zur Sicherheit würde ich die Mittel bei Frauen, die Brustkrebs hatten oder haben, nicht einsetzen“, sagt Beckermann. Arznei mit Rhapontikrhabarber oder Traubensilberkerze sollten Betroffene nur nach ärztlicher Rücksprache nehmen, heißt es im Beipackzettel. Zudem rät er, die Mittel auf eigene Faust nur einige Monate anzuwenden. Auch über Jahre oder vorbeugend Soja- oder Rotklee-Pillen zu schlucken, ist wegen möglicher Risiken nicht angesagt.
Der Langzeiteinsatz kann zudem ins Geld gehen. Beim teuersten Mittel im Test, Benedict Verum Menopause, läppern sich in fünf Jahren rund 2427 Euro zusammen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) sieht die Sachlage ähnlich wie die Stiftung Warentest. Sie lehnte bisher alle gesundheitsbezogenen Aussagen (Health Claims) für Soja-Isoflavone ab. Firmen dürfen nicht damit werben.
Hormone kurz und niedrig dosiert
Immer gilt: Wer ein Pflanzenpräparat ausprobiert, sollte darauf achten, ob es nach einigen Wochen subjektiv etwas bringt. „Bei wirklich schlimmen Beschwerden“, so Beckermann, „eignet sich eine ärztlich verordnete Hormontherapie besser, weil sie nachweislich nützt.“ Sie sollte möglichst niedrig dosiert und kurz sein, was oft ausreicht, Medikamente auf Rezept. Ein Vorteil: Die Zusammensetzung der Hormonpräparate ist bekannt. Pflanzenextrakte hingegen können verschieden stark wirkende Phytoöstrogen-Unterformen in verschiedenen Mengen enthalten – auch in sehr hohen. Auf der Packung fehlen oft genaue Angaben dazu. Dort steht dann zum Beispiel nur „150 mg Extrakt“ oder „50 mg Isoflavone“.
Nahrungsergänzung meist unnötig
Viele geprüfte Nahrungsergänzungsmittel weisen neben Soja oder Rotklee weitere Inhaltsstoffe aus – teils riskante. So wartet das teure Präparat Benedict Verum mit mehreren anderen Phytohormonen auf. Zwei Produkte liefern Eisen. Doch das begünstigt möglicherweise Krankheiten und sollte daher nur per Präparat ergänzt werden, wenn ein Arzt einen Mangel feststellt.
Ähnliches gilt für Vitamin D und Kalzium, zwei Helfer gegen Osteoporose. Das Knochenleiden tritt bei älteren Frauen vermehrt auf, weil die Hormonspiegel sinken. Doch lässt sich allein mit gesunder Ernährung vorbeugen. Der Bedarf an Kalzium und allen anderen Nährstoffen ist in und nach den Wechseljahren laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung meist nicht erhöht. Dann sind Nahrungsergänzungsmittel unnötig.
Im Wandel gelassen bleiben
Petra Büsing ließ ihr Pflanzenpräparat nach einigen Monaten wieder weg. „Ich merkte keine Veränderung und habe eine Abneigung, täglich irgendwelche Pillen zu schlucken. Stattdessen weitete ich meine Yoga- undMeditationsübungen aus. Und siehe da – es wurde besser.“
Vielleicht hilft ihr auch, dass sie sich gesund ernährt und inzwischen gelassen mit den Wechseljahren umgeht. Anfangs war die Zeit für Büsing nicht einfach. Sie erlebte in vielerlei Hinsicht Abschied und Aufbruch, inklusive familiären Konflikten und neuen Zielen. Die Angestellte machte sich selbstständig – als Fotokünstlerin. Sie spürt, dass noch viel vor ihr liegt.
* Name von der Redaktion geändert.